Nicht überall, wo Reben gepflanzt sind, wächst die gleiche Qualität heran. Es ist eine alte Weisheit, dass es Rieden gibt, die konstant jedes Jahr außergewöhnliche Weine hervorbringen, während anderswo – bei vergleichbarer Pflege und Bearbeitung – vielleicht nur gute oder mittelmäßige Weine entstehen.
Einige Parameter, die einen herausragenden Weinberg ausmachen, sind uns bekannt. Wir können sie aber nicht isoliert betrachten, denn ein karger Boden alleine etwa macht noch lange keinen großen Wein. Ausschlaggebend ist wie so oft das Zusammenwirken vieler Faktoren.
Seit Anfang der 1990er-Jahre setzen wir uns intensiv mit dieser Thematik auseinander und haben 2010 einen Klassifikations-Prozess eingeleitet, der bis in die Zukunft andauern wird. Status und Entwicklung können im jährlich erscheinenden ÖTW-Lagenbuch nachvollzogen werden.
Zu den Begriffen „Riede“ und „Lage“: „Riede“ oder „Ried“ ist die österreichische Bezeichnung für „Lage“ und muss laut österreichischem Weingesetz bei jedem Lagenwein am Etikett vor dem Namen der Lage stehen.
In der Geschichte der Klassifikationen gibt es aufgrund unterschiedlicher Strukturen in den jeweiligen weinbautreibenden Gebieten unterschiedliche Ansätze. Dabei sind verschiedene Modelle entstanden, bei denen entweder Weingüter (Bordeaux), Orte (Champagne) oder Weinberge (Burgund) klassifiziert werden.
Auch im Donauraum sind die Strukturen historisch gewachsen: Einerseits sind die meisten Lagen auf mehrere Weingüter aufgeteilt, und andererseits bewirtschaften die Winzer*innen Weingärten in verschiedenen Lagen – oft nur ein paar Zeilen. Die logische Konsequenz ist die Klassifizierung der Lagen.
Die Güte einer Lage alleine anhand ihres Bodens zu beurteilen, sehen wir als problematisch. Eine Erkenntnis, die wir durch die Auseinandersetzung mit der Komplexität der zahlreichen Einflussfaktoren gewonnen haben. Denn nicht in jeder Steillage mit einem kargen Boden entsteht automatisch ein großartiger Wein.
Es gibt Lagen, die seit Jahrhunderten konstant große Weine hervorbringen. Das Wissen um diese besonderen Weinberge wurde über viele Generationen weitergereicht und vertieft. Ihre Bedeutung in der heimischen Riedenlandschaft ist bis heute spürbar. Bedeutende Lagen zeichnen sich nicht nur durch die geografische Beschaffenheit des Weinbergs und die Güte der dort heranwachsenden Weine aus, sondern auch durch ihre Geschichte und durch ihre gemeinschaftliche Bewirtschaftung über die Jahrhunderte. Es ist die Symbiose all dieser Faktoren, aus denen die Bedeutsamkeit einer Lage erwächst.
Wir bewerten deshalb in erster Linie die Bedeutsamkeit einer Lage. In der Folge arbeiten wir mit den Begriffen „ÖTW ERSTE LAGE“ (1ÖTW) und „ÖTW GROSSE LAGE“ (GÖTW).
Die Appellationen definieren sich über drei Herkunftskategorien: Lagenwein, Ortswein und Gebietswein, wie sie im Weingesetz in der jeweiligen DAC-Verordnung vorgesehen sind. Nur im Weinviertel wird diese Struktur generell zwar noch diskutiert, aber von den ÖTW-Mitgliedsbetrieben bereits gelebt.
Die ÖTW-Lagenklassifizierung – 1ÖTW und GÖTW – bezieht sich auf die Spitze der Pyramide, die Lagenweine.
Lagenweine. Die Lage oder Riede ist die kleinste definierte geografische Herkunft. Weine aus Einzellagen mit eigenständiger und besonderer Charakteristik werden mit dem Riedennamen ausgezeichnet und geben das Potenzial eines einzigartigen Terroirs wieder. Per österreichischem Weingesetz muss das Wort „Ried“ vor dem Lagennamen auf dem Etikett stehen.
Ortsweine. Die besondere Charakteristik eines Ortes spiegelt sich in dieser Kategorie. Jeder Ort weist entsprechend seiner geografischen Lage, seiner Höhenlage und der dominierenden Bodenstrukturen eine gewisse Typizität auf. Diese gilt es in den Ortsweinen herauszuarbeiten.
Gebietsweine. Die Basis unserer Herkunftshierarchie. Sie spiegelt die Typizität der jeweiligen Region wider. Meist sind es trinkfreudige und frische Weine, mit moderatem Alkohol, lebendiger Frucht und animierender Säure – Weine für alle Tage.
ÖTW GROSSE LAGE (GÖTW) bezeichnet einen Weinberg, der sich im Lauf der Zeit als „Ikone“ manifestiert, als herausragende und gleichsam bedeutende Lage. Mit der Klassifizierung wird erst dann begonnen, wenn alle Ersten Lagen definiert sind und sich ihr jeweiliger großer Charakter über mehrere Jahrgänge bewiesen hat. Wir denken, dass wir in fünf bis zehn Jahren daran gehen können, erste GÖTW auszuloben (2025-2030).
Die ÖTW ERSTE LAGEN (1ÖTW) sind Weinberge, deren Weine sich im Laufe einer langen Geschichte, als die charakterstärksten und eigenständigsten Vertreter ihrer Appellationen manifestiert haben (und manifestieren). Ihre natürlichen Gegebenheiten ermöglichen konstant jedes Jahr außergewöhnliche Weine.
Die Lage oder Riede ist die kleinste definierte geografische Herkunft. Weine aus Einzellagen mit eigenständiger und besonderer Charakteristik werden mit dem Riedennamen ausgezeichnet und geben das Potenzial eines einzigartigen Terroirs wieder. Per österreichischem Weingesetz muss das Wort „Ried“ vor dem Lagennamen auf dem Etikett stehen.
Um die Exklusivität und Güte unserer klassifizierten Lagen zu gewährleisten, erachten wir ein bestimmtes quantitatives Verhältnis von ÖTW.ERSTE LAGEN & GROSSE LAGEN zu nicht-qualifizierten Weingärten als erstrebenswert. In Frankreichs etablierten Klassifikationen hat sich das Verhältnis von 20 zu 80 Prozent Flächenanteil bewährt. An dieser Größenordnung orientieren auch wir uns im Verein und streben an, diese nicht zu überschreiten.
Rebsorten haben im ÖTW-Appellationssystem eine untergeordnete Bedeutung. Für uns stehen die Persönlichkeit und Gegebenheiten des Weinbergs im Vordergrund. Die Rebsorten der Gebiete sind in den DAC-Verordnungen des Weingesetzes definiert und gelten damit auch für die klassifizierten ÖTW-Lagen. Diese sind im Kamptal, Kremstal & Traisental der Grüne Veltliner und Riesling, am Wagram werden die beiden Sorten ergänzt durch den Roten Veltliner. In Wien der Wiener Gemischter Satz, Grüner Veltliner, Riesling und Weißburgunder. In Carnuntum Zweigelt, Blaufränkisch und Cuvées, in denen diese beiden Rebsorten dominierend sind. In der Thermenregion sind es sowohl Weißweinsorten (Chardonnay, Weißburgunder, Rotgipfler und Zierfandler) sowie Rotweinsorten (St. Laurent und Pinot Noir). Im Weinviertel wird es voraussichtlich ab dem Jahrgang 2024 klassifizierte Erste Lagen geben, die Weine daraus sind aus der Rebsorte Grüner Veltliner.
Für jeden und jede von uns ist es eine Auszeichnung, Teil der renommierten Österreichischen Traditionsweingüter zu sein. Dem Anspruch stellen wir uns gerne!
Für die Bestimmung der Lagen untersuchen wir eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren.
Neben weinbaulichen Aspekten – wie dem Zusammenspiel von Bodenstruktur, Niederschlagsmenge, Luftströmungen, Exposition, Höhenlage und natürlich der Temperaturentwicklung im Laufe des Jahres und insbesondere zwischen Tag und Nacht – spielen auch anthropologische, geschichtliche und wirtschaftliche Aspekte sowie Sichtweisen von außen eine wesentliche Rolle. Aus der Beschäftigung mit den genannten Aspekten haben wir Parameter für die Klassifizierung entwickelt. Sie erlauben gültige Aussagen zur Bedeutung von Rieden.
Folgende drei Hauptkategorien von Faktoren, die weiters in eine Vielzahl von Unterpunkten gegliedert sind, sind für uns relevant:
Inhaltliche Faktoren
a. historische Relevanz
b. subjektive und intersubjektive Einschätzung der Winzer*innen
c. Lagenhomogenität (hinsichtlich Geologie, Klima, Orientierung)
Qualitätsorientierte Faktoren
a. Expertenverkostungen
b. Bewertungen in relevanten Medien
c. interne Blindverkostungen
Ökonomische Faktoren
a. Mengenanalysen hinsichtlich
vermarktender Betriebe,
vermarkteter Fläche und
vermarkteter Flaschen
b. Preisanalysen hinsichtlich der Preise und Preisvarianzen am Markt
Bedingt durch die langfristige Beobachtung unserer Weinberge über Jahre und Jahrzehnte braucht auch die Klassifikation selbst entsprechend viel Zeit. Im französischen Burgund hat dieser Prozess gut vierzig Jahre gedauert, und so rechnen auch wir mit einem Zeitraum von zumindest einer Generation, bis alle Rieden in unseren Regionen gesichtet und bewertet sind.
1991
Gründungsjahr
Analyse und Grundlagen
2009
Beginn des Klassifikationsprozesses
Erste Lagen
2019
Beginn des Klassifikationsprozesses
Große Lagen
seit Juni 2023
Lagenklassifikation ist im Österr.
Weingesetz verankert
Nach einem zehnjährigen Prozess wurde die Verordnung zur Klassifikation im Juni 2023 vom Minister unterschrieben; sie ist die Grundlage für eine gesetzliche Klassifikation in Österreich. Das Grundkonzept und die Systematik hat der Gesetzgeber von den ÖTW übernommen. So werden die Lagen nach einem umfangreichen Beurteilungskonzept vom Nationalen Weinkomitee (NWK) geprüft und bestätigt.
Die ÖTW sind stolz mit dieser Entwicklung einen wichtigen Beitrag für die positive Entwicklung der Österreichischen Weinwirtschaft geleistet zu haben. Es wird die erste gesetzliche Lagenklassifikation außerhalb von Frankreich sein. Alle Weinbaunationen weltweit werden sich für dieses einzigartige Projekt in den nächsten Monaten und Jahren interessieren, da es bisher seit fast 100 Jahren niemandem gelungen ist, eine Klassifikation in einem Weinbauland erfolgreich zu etablieren. Wenn wir in Österreich eine Methodik gefunden haben, die uns dies ermöglicht, werden alle Augen auf uns gerichtet sein, und dies wird der Österreichischen Weinwirtschaft sehr viel Aufmerksamkeit bringen.